Verletzung der ärztlichen Dokumentationspflicht als berufsrechtliches Vergehen

von Anke Plener

LSG Niedersachsen beantworte in seinem Urteil vom 24.03.2015 – L 4 KR 314/11 die Frage, ob die Versorgung mit einer Knie-TEP vom Versorgungauftrag Chirurgie umfasst sei.

Die klagende Krankenhaus GmbH erbrachte nach eigenen Angaben in den Jahren 2003 und 2004 jeweils mehr als 60 Knie-TEP-Operationen, im Jahre 2005 lediglich 35 Operationen. Sie war im Jahre 2006 im einschlägigen Krankenhausplan u. a. für den Bereich Chirurgie aufgenommen. Eine Aufnahme für den Bereich Orthopädie bestand nicht. Die vorliegend beklagte gesetzliche Krankenversicherung vertrat die Auffassung, die entsprechenden Leistungen seien nicht vergütungsfähig, da sie nicht vom planerischen Versorgungauftrag der Klägerin umfasst seien.

Die Zahlungsklage des Krankenhauses hatte Erfolg. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Vergütungsanspruch sei § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V i. V. mit dem Vertrag gem. § 112 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 SGB V. Die Erbringung der streitgegenständlichen Operationen zähle zum Bereich der Unfallchirurgie, für den die Klägerin zum Zeitpunkt der Leistungserbringung einen Versorgungsauftrag gehabt habe. Maßgeblich zur Auslegung des Versorgungsauftrages sei die von der jeweiligen Landesärztekammer beschlossene Weiterbildungsordnung, die besondere Einrichtungen und Leistungsschwerpunkte ausweise. Im hier maßgeblichen Fall sei aus den zur Weiterbildungsordnung erlassenen Richtlinien deutlich, dass die Implantation von Knie-TEP sowohl dem Bereich der Unfallchirurgie als auch dem Bereich der Orthopädie zuzuordnen sind. Nach der maßgeblichen Weiterbildungsordnung falle die Unfallchirurgie in den Bereich der Chirurgie. Damit sei ein Vergütungsanspruch der Klägerin begründet.

Das Urteil des Landesberufsgerichts für Heilberufe Münster vom 25.11.2015 (6 t A 2679/13.T) befasst sich zwar mit der berufsrechtlich normierten Pflicht zur Dokumentation, weshalb der Verstoß hiergegen berufsrechtlich relevant ist. Verletzungen der ärztlichen Dokumentationspflicht sind jedoch in erster Linie Gegenstand von Beweislastfragen im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung.

Die Verfahrensbeteiligten stritten um die Rechtmäßigkeit einer berufsrechtlich verhängten Geldbuße. Der Beschuldigte war verantwortlicher Operateur in der gynäkologischen Abteilung einer Klinik. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bat der Geschäftsführer, bei neun operierten Patientinnen die Operationsberichte zu erstellen, was der Beschuldigte verweigerte. Er hatte es versäumt, den Verlauf der Operation zu diktieren; handschriftliche Aufzeichnungen über den Verlauf der Operation lagen nicht vor.

Zu den jeweiligen Patientinnen lagen jeweils die Personalien sowie eine Diagnose vor. Im Übrigen wurde das operative Procedere jeweils mit einem Schlagwort, etwa „Hysterektomie“ erwähnt. Weitere Hinweise auf die Durchführung der Operationen gab es nicht.

Das Berufsgericht sah einen Verstoß gegen § 29 Abs. 1 des Heilberufegesetzes NRW. Ebenso liege ein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Ärzte vor. Hieraus resultiere eine Pflicht zur ausführlichen und sorgfältigen Dokumentation der ärztlichen Behandlung. Zweck der Dokumentationspflicht sei insbesondere auch die Therapiesicherung. Die Dokumentation solle eine sachgerechte (Weiter-) Behandlung des Patienten gewährleisten, die jeden mit- und nachbehandelnden Arzt in die Lage versetze, sich über durchgeführte Maßnahmen und die angewandte Therapie zu informieren. Zeitlicher sei die Dokumentation in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behandlung oder dem Eingriff zu erstellen, jedenfalls aber in einem Zeitraum, in dem dem Arzt die Einzelheiten der Behandlung noch präsent seien.

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