Fixierung von Patienten in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung

von Anke Plener

Nach einer Entscheidung des BVerfG, Urteil vom 24. Juli 2018 (2 BvR 502/16) stellt die Fixierung von Patienten einen Eingriff in deren Grundrecht auf Freiheit der Person dar. Aus dem Freiheitsgrundrecht ergeben sich strenge Anforderungen an die Rechtfertigung eines solchen Eingriffs: Bei einer nicht nur kurzfristigen Fixierung handele es sich um eine Freiheitsentziehung, für die der Vorbehalt einer richterlichen Entscheidung gelte. Die derzeit hierfür geltende Rechtslage in Bayern und Baden-Württemberg sei verfassungswidrig.

Der Beschwerdeführer beanstandete die auf ärztliche Anordnung vorgenommene, acht Stunden dauernde 7-Punkt-Fixierung, namentlich an beiden Armen, beiden Beinen sowie um Bauch, Brust und Stirn, während eines insgesamt gut zwölfstündigen Psychiatrieaufenthalts. Das Bayerische Unterbringungsgesetz (BayUnterbrG), welches Rechtsgrundlage für die vorläufige Unterbringung des Beschwerdeführers war, sieht keine spezielle Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung von Fixierungen vor.

Eine 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung, bei der sämtliche Gliedmaßen des Betroffenen mit Gurten am Bett festgebunden werden, stelle eine Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 104 Abs. 2 GG dar, es sei denn, es handele sich um eine lediglich kurzfristige Maßnahme. Von einer solchen ist in der Regel auszugehen, wenn sie absehbar die Dauer von ungefähr einer halben Stunde unterschreite. Die vollständige Aufhebung der Bewegungsfreiheit durch die 5-Punkt- oder die 7-Punkt-Fixierung am Bett nehme dem Betroffenen die ihm bei der Unterbringung auf einer geschlossenen psychiatrischen Station noch verbliebene Freiheit, sich innerhalb dieser Station oder zumindest innerhalb des Krankenzimmers zu bewegen. Diese Form der Fixierung sei darauf angelegt, den Betroffenen auf seinem Krankenbett vollständig bewegungsunfähig zu halten. Aufgrund dieser besonderen Eingriffsintensität sei die nicht nur kurzfristige Fixierung sämtlicher Gliedmaßen auch im Rahmen eines bereits bestehenden Freiheitsentziehungsverhältnisses als eigenständige Freiheitsentziehung zu qualifizieren, die den Richtervorbehalt auslöse. Im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung von der richterlich angeordneten Freiheitsentziehung seien zwar grundsätzlich auch etwaige Disziplinarmaßnahmen wie der Arrest oder besondere Sicherungsmaßnahmen wie der Einschluss in einem enger begrenzten Teil der Unterbringungseinrichtung erfasst. Sowohl eine 5-Punkt- als auch eine 7-Punkt-Fixierung wiesen jedoch im Verhältnis zu diesen Maßnahmen eine Eingriffsqualität auf, die von der richterlichen Unterbringungsanordnung nicht gedeckt seien und eine Einordnung als eigenständige Freiheitsentziehung rechtfertigten. Eine solche Freiheitsentziehung erfordere grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung sei nur dann zulässig, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Maßnahme die richterliche Entscheidung vorausgehen müsse. Dies werde bei der Anordnung einer 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung zur Abwehr einer von dem Betroffenen ausgehenden akuten Selbst- oder Fremdgefährdung allerdings regelmäßig der Fall sein. Um den Schutz des Betroffenen sicherzustellen, bedürfe es in diesem Zusammenhang eines täglichen richterlichen Bereitschaftsdienstes, der in Orientierung an § 758a Abs. 4 Satz 2 ZPO den Zeitraum von 6:00 Uhr bis 21:00 Uhr abdecke.

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