Gutachten der Schlichtungsstelle können im Wege des Urkundenbeweises gewürdigt werden

von Anke Plener

Das Gutachten einer medizinischen Schlichtungsstelle kann im Arzthaftungsprozess im Wege des Urkundenbeweises gewürdigt werden. Dies führt aber weder zu einer Erhöhung der Darlegungslast des Patienten noch ist das Schlichtungsgutachten auf Beweisebene geeignet, den Sachverständigenbeweis zu ersetzen. Des entschied der BGH mit Beschluss vom 12. März 2019 (Az.: VI ZR 278/18).

Im vorliegenden Fall nahm die Klägerin die Beklagte nach dem Tod ihrer Mutter aus eigenem und ererbtem Recht auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens nach ärztlicher Behandlung in Anspruch. Vorgerichtlich führten die Parteien vor der Schlichtungsstelle für Arztpflichtfragen der zuständigen Ärztekmmer ein Schlichtungsverfahren durch in dessen Rahmen ein neurochirugisches Gutachten eingeholt wurde. Hiernach seien Fehler in der Behandlung nicht feststellbar.

Der BGH stellte fest, nach gefestigter Rechtsprechung des Senates seien an die Substantiierungspflichten des Patienten im Arzthaftungsrecht nur maßvolle Anforderungen zu stellen. Hiermit gehe regelmäßig eine gesteigerte Verpflichtung des Gerichts zur Sachverhaltsaufklärung (§ 139 ZPO) bis hin zur Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 144 Abs. 1 S. 1 ZPO) von Amts wegen einher, soweit der Patient darauf angewiesen sei, dass der Sachverhalt durch ein solches aufbereitet werde.

Zwar könne ein im Schlichtungsverfahren eingeholtes Gutachten im Wege des Urkundsbeweises gewürdigt werden. Dies führe aber weder zu einer Erhöhung der Darlegungslast des Patienten, der ansonsten im Falle eines ihm ungünstigen Schlichtungsgutachtens doch gezwungen wäre, sich medizinisches Fachwissen anzueignen, um einen schlüssigen Klagevortrag zu halten. Noch ist das Schlichtungsgutachten auf Beweisebene geeignet, den Sachverständigenbeweis zu ersetzen. Das Schlichtungsgutachten könne mangels gerichtlicher oder staatsanwaltlicher Veranlassung nicht gem. § 411a ZPO als Sachverständigengutachten verwertet werden. Als Urkunde bezeuge es nach § 416 ZPO nur, dass der Schlichtungsgutachter ein Gutachten erstattet habe. Ob die in dem urkundlich zu verwertenden Schlichtungsgutachten enthaltene schriftliche oder mündliche Einschätzung inhaltlich richtig sei, unterliege der freien richterlichen Beweiswürdigung. Der Tatrichter müsse in einem solchen Fall einen Sachverständigen hinzuziehen und eine schriftliche oder mündliche Begutachtung anordnen. Der Urkundsbeweis dürfe nicht dazu führen, dass den Parteien das ihnen zustehenede Recht, den Sachverständigenbeweis anzutreten, verkürzt werde.

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