Keine Haftung trotz groben Behandlungsfehlers bei überwiegendem Mitverschulden

von Anke Plener

Auch bei einem groben Behandlungsfehler mit sich daran anknüpfender Beweislastumkehr kann eine Haftung dem Grunde nach entfallen, wenn den Patient ein erhebliches Mitverschulden am Verlauf trifft, entscheid das OLG Hamm mit Urteil vom 02. Februar 2018 (26 U 72/17).

Die Parteien stritten über die Ersatzpflicht der Beklagten. Die Klägerin war die Alleinerbin des im Alter von 45 Jahren verstorbenen Patienten. Sie machte Schmerzensgeld sowie erhebliche Unterhaltsansprüche geltend.

Der Hausarzt des Verstorbenen überwies ihn mit der Verdachtsdiagnose einer instabilen Angina pectoris in die Klinik der Beklagten. Nach durchgeführter Diagnostik wurde auch dort die Verdachtsdiagnose gestellt. Gegen ärztlichen Rat ließ sich der Patient entlassen. Eine ASS Prophylaxe leitete die Klinik nicht ein. Allerdings riet die Klinik, zwingend eine weitere ärztliche Diagnostik durchführen zu lassen. Auch der Hausarzt riet zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu einer dringenden Krankenhausbehandlung. Der Patient stellte sich dann in einer anderen Klinik vor; lehnte aber auch dort eine sofortige stationäre Aufnahme ab und vereinbarte vielmehr eine Diagnostik vier Tage später. In der Zwischenzeit verstarb er.

Ein Sachverständiger stellte fest, bereits die erste Behandlung bei der beklagten Klinik sei grob fehlerhaft gewesen. Es sei grob fehlerhaft, vorliegend nicht unmittelbar ASS zu applizieren. Die Beklagte erhob den Einwand des Mitverschuldens. Die fehlende Nachweisbarkeit gehe vorliegend zu Lasten der Klägerseite und es komme trotz groben Behandlungsfehlers nicht zu einer Beweislastumkehr. Eine solche scheide nämlich nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 16. November 2011 – VI ZR 328/03) dann aus, wenn ein Patient in vorwerfbarer Weise ärztliche Anordnungen oder Empfehlungen missachte, hierdurch eine mögliche Mitursache für seinen Gesundheitsschaden setze und dazu beitrage, dass der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden könne. Hiervon ging der Senat im vorliegenden Fall aus. Der Patient habe sich nach dem ersten Krankenhausaufenthalt entgegen des Rates seines Hausarztes nicht erneut in eine stationäre Behandlung begeben, sondern lediglich einen Termin vereinbart. Dieses Verhalten erfülle die Voraussetzungen des Mitverschuldens.

 

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