Missverständliche Aufklärungsformulare haben keinen Beweiswert (Medizinrecht: ärztliche Aufklärung)

von Anke Plener

Nach den prozessualen Grundsätzen des Arzthaftungsrechtes geht von einem unterzeichneten Aufklärungsformular die Vermutung aus, dass mit dem Patienten ein mündliches Aufklärungsgespräch geführt wurde und es all diejenigen Umstände zum Gegenstand hatte, die in dem Aufklärungsformular erwähnt werden.  Das unterzeichnete Aufklärungsformular entfaltet mithin hinsichtlich dieser Vermutung eigene Beweiskraft. Auf das konkrete Aufklärungsgespräch kommt es dann nicht mehr an.

Die Vermutungswirkung ist umso größer, wenn einzelne Umstände durch handschriftliche Eintragungen, Unterstreichungen oder Skizzen zusätzlich hervorgehoben werden. Diese Praxis geht auf das Gebot der Waffengleichheit zurück und soll die den Arzt treffenden Beweisanforderungen mit Rücksicht auf berufsbedingt immer wiederkehrende Gesprächsinhalte in erträglichen Grenzen halten. Die Vermutungswirkung des Aufklärungsbogens muss jedoch dort ihre Grenze haben, wo Formulare derart lang und unübersichtlich sind, dass sie der Patient als Laie realistischer Weise nicht verstehen kann. Das OLG Koblenz erklärte jetzt missverständliche und unzureichende Aufklärungsformulare generell für bedeutungslos (OLG Koblenz 17.11.2009- 5 U 967/09). 

Im konkreten Fall ging es um die Aufklärung von Risiken einer Nasenscheidewandoperation. Das Gericht hielt den Aufklärungsbogen für möglicherweise nicht genügend, jedenfalls aber nicht eindeutig in seiner Risikobeschreibung. Der Aufklärungsbogen entfaltete daher nach Ansicht des OLG Koblenz keinerlei Beweiskraft. Umso mehr war hier tatsächlich auf das konkrete Aufklärungsgespräch abzustellen. Nach den übereinstimmenden Aussagen der Parteien erklärte der Arzt auf die Frage des Klägers, ob bei der Operation die Verletzung des Auges möglich sei,  ihm sei Derartiges noch nicht passiert. Das OLG Koblenz wertete dies als unzulässige Verharmlosung eines operationstypischen, nicht ganz seltenen Risikos, das bei seiner Verwirklichung gravierende Folgen haben könne. Aufklärungsrichtiges Verhalten des Beklagten wäre es gewesen, so das OLG Koblenz, dem Kläger auf seine Nachfrage zu erläutern, welche konkrete Operationsführung geplant sei. Ferner hätte es dem Arzt oblegen, dem Kläger mitzuteilen, dass obgleich ihm selbst Derartiges noch nie passiert sei, er letztlich nicht ausschließen könne, dass es zu einer Augenverletzung kommen könne.

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