SG Dresden: Die Krankenkasse trägt die Kosten der Fettabsaugung zur Behandlung eines Lipödems

von Anke Plener

Ob Fettabsaugungen zur Behandlung einer sog. Reiterhose (Lipödem) von der Kasse übernommen werden, ist in der Rechtsprechung umstritten. Hatte das Bundessozialgericht 2008 noch entschieden, dass die Patienten derartige Liposuktionen selbst zu tragen hätten (Urteil v. 16.12.2008; Az. B 1 KR 11/08 R), erklärte das Sozialgericht Dresden nun in einer aktuellen Entscheidung das Gegenteil für Recht (Urteil v. 13.03.2015; Az. S 47 KR 541/11).

Die 51 Jahre alte Klägerin war beidbeinig von einem Lipödem betroffen. Konservative Behandlungsalternativen wie manuelle Lymphdrainage, Kompressionsbehandlung und Gewichtsreduktion führten zu keiner entscheidenden Besserung. Sie beantragte daher Kostenübernahme für eine stationäre operative Liposuktion des krankhaften Fettgewebes bei der zuständigen Krankenkasse, welche diese ablehnte. Gegen diese Entscheidung erhob sie Klage und hatte damit – wie nun veröffentlicht wurde – Erfolg. Bei jeder Behandlungseinheit wurden Schmerzmittel in hoher Dosis zusammen mit einer Flüssigkeitsinfusion verabreicht. Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte weder eine Empfehlung noch eine negative Beurteilung über die Anrechnung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens, die notwendige Qualifikation der Ärzte und die operativen Anforderungen eine Empfehlung abgegeben. Nach Ansicht der Richter stelle die Liposuktion eine sog. neue Behandlungsmethode dar, die nicht ohne weiteres im Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankversicherung enthalten sei. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten hänge dabei maßgeblich davon ab, ob die Behandlung ambulant oder stationär erfolgen müsse. Im Falle einer ambulanten Behandlung müsse der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen haben, bei einer stationären Behandlung dürfe er lediglich keine Negativbewertung abgegeben haben. Dass die hier stationär erfolgte Behandlung erforderlich war, davon ging das Gericht aufgrund der Schmerzmittel- und Infusionsbehandlung aus. Entgegen der Ansicht der Krankenkasse liege daher keine Umgehung der Voraussetzungen der ambulanten Behandlung, namentlich des Erfordernisses einer positiven Empfehlung durch den Gemeinsamen Ausschuss, vor.

Das Urteil fügt sich in einer Reihe kontroverser Entscheidungen über die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten für Fettabsaugungen zur Behandlung von Reiterhosen ein. In einer Linie mit dem BSG stehen Entscheidungen des Hessischen LSG (Urteil v. 07.07.2011; Az. L 8 KR 101/10) und des SG Mainz (Urteil v. 23.04.2012; Az. S 14 KR 143/11). Das SG Dresden hingegen schloss sich Entscheidungen des SG Chemnitz (Urteil v. 01.03.2012; Az. S 10 KR 189/10) und des Hessischen LSG (Urteil v. 05.02.2013; Az.: L 1 KR 391/12) an. Maßgebend für die unterschiedlichen Ergebnisse war dabei stets die unterschiedliche Bewertung der Erforderlichkeit einer stationären Behandlung im jeweiligen Fall. Ob in dieser Frage alsbald Einhelligkeit in der Rechtsprechung einkehrt, bleibt abzuwarten. Wegen der besonderen Relevanz für die Allgemeinheit wurde gegen das Urteil des SG Dresden die Revision zum BSG zugelassen.

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