Wahlleistungsvereinbarung und Aufklärung im Krankenhaus

von Anke Plener

Wer krank wird, ist in der Symphonie des Lebens aus dem Takt gekommen (Carl Ludwig Schleich, 1859 – 1922, Arzt und Erfinder der Anästhesie). Um das Orchester wieder zum Klingen zu bringen, lässt sich mit zunehmendem Alter eine Operation und ein damit verbundener Krankenhausaufenthalt oft nicht vermeiden. Umso wichtiger ist es zu wissen, was einen erwartet, auch aus rechtlicher Sicht.

Die Krankenhausbehandlung ist Teil der Krankenbehandlung, auf die der gesetzlich versicherte Patient gem. § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V einen Anspruch hat. Ob eine Krankenhausbehandlung notwendig ist, richtet sich nach den medizinischen Erfordernissen. Die Krankenhausbehandlung kann in verschiedener Form stattfinden. Verbringt der Patient die Nacht vor und nach dem operativen Eingriff im eigenen Bett, handelt es sich z.B. um eine ambulante Operation. Verbringt der Patient dagegen bei planmäßigem Verlauf mindestens einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus und ist physisch und organisatorisch in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses eingegliedert, ist von einer vollstationären Behandlung auszugehen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung erreicht werden kann. Verordnen kann die vollstationäre Krankenhausbehandlung nur der sogenannte Vertragsarzt.

Gegenstand der vollstationären Krankenhausbehandlung sind allgemeine Krankenhausleistungen. Es handelt sich um Leistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil-, und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung.

Mit der Aufnahme in das Krankenhaus schließt der Patient im Normalfall den einheitlichen sogenannten totalen Krankenhausaufnahmevertrag, der formlos und stillschweigend geschlossen werden kann. Hierbei ist der Krankenhausträger der alleinige Vertragspartner und schuldet sämtliche ärztliche und pflegerische Leistungen (z.B. Verpflegung, Reinigung des Krankenzimmers, saubere Bettwäsche, Gebäudesicherheit u.s.w.). Er hat auch für das Verschulden des gesamten Klinikpersonals einzustehen.

Daneben hat der Patient die Möglichkeit, hierüber hinausgehende Leistungen zu vereinbaren, die er „hinzukauft“ (Wahlleistungsvereinbarung). Dies kann die Art der Unterbringung (Einzelzimmer) oder auch sogenannte wahlärztliche Leistungen betreffen. Der Patient ist dann bereit, für die Behandlung durch den Wahlarzt mehr zu zahlen, weil er sich eine besonders sachkundige und sorgfältige ärztliche Behandlung erhofft. Haftungsrechtlich tritt der Wahlarzt, meist der liquidationsberechtigte Chefarzt, als Haftungsschuldner neben den Krankenhausträger. Zum besonderen Schutz des Patienten verlangt der Gesetzgeber, dass er grundsätzlich vor Abschluss der Vereinbarung schriftlich über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen unterrichtet wird. Hierbei muss dem Patienten verdeutlicht werden, dass durch die Vereinbarung der Wahlleistung ohne Rücksicht auf Art und Schwere der Erkrankung die persönliche Behandlung sichergestellt werden soll, der Patient jedoch auch ohne den Abschluss einer solchen Vereinbarung die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erhält. Der Patient ist über die Preisermittlung zu unterrichten und darauf hinzuweisen, dass die Vereinbarung eine erhebliche Mehrbelastung bedeutet. Wirksamkeitsvoraussetzung für die Vereinbarung ist auch der Hinweis, dass sie sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte bezieht, die zu selbständigen Liquidation berechtigt sind. Eine Beschränkung auf einzelne liquidationsberechtigte Ärzte ist nicht möglich. Dies bedeutet, dass sich die Vereinbarung einer „Chefarztbehandlung“ auf sämtliche Chefärzte des Krankenhauses bezieht, ganz gleich ob die internistische, die chirurgische oder die Laborabteilung beteiligt ist. Jeder dieser Chefärzte ist dann berechtigt, die von ihm erbrachte Leistung privat zu liquidieren. Eine Beschränkung der Vereinbarung etwa auf den Chefarzt der Chirurgie ist nicht möglich.

In der Praxis geschieht die notwendige Unterrichtung des Patienten dadurch, dass er ein separates Formular erhält, das die Patienteninformation erhält und zu unterzeichnen ist. Die Information kann auch in die Wahlleistungsvereinbarung integriert sein. Ist eine Wahlleistungsvereinbarung unterzeichnet, kann sich der Chefazt nur in begrenzten Fällen vertreten lassen und hat seine Leistung im Kernbereich grundsätzlich persönlich zu erbringen. Der Kernbereich ist von Fachgruppe zu Fachgruppe unterschiedlich. Während der Chirurg die Operation persönlich zu erbringen hat, muss der Anästhesist die Aufklärung und die Voruntersuchung durchführen, auch die Narkose selbst ein- und ausleiten. Während der Operation muss er indes nicht anwesend sein, wenn von ihm überwachtes Personal zugegen ist. Ist die Verhinderung des Chefarztes nicht vorhersehbar, kann sich der Chefarzt auch vertreten lassen, andernfalls muss er mit dem Patienten eine individuelle Vertretungsvereinbarung außerhalb der Wahlleistungsvereinbarung schließen. Sie ist allerdings nur dann wirksam, wenn dem Patient die Möglichkeit bleibt, zwischen verschiedenen Alternativen zu wählen. Nicht nur, dass der Vertreter namentlich benannt wird, dem Patient muss die Möglichkeit haben, statt der Wahlleistung Krankenhausleistungen mit Facharztstandard ohne Arztwahl in Anspruch zu nehmen.

Wesentliche Bedeutung kommt für den Patienten der ärztlichen Aufklärung zu. Nur eine umfassende und sachgerechte Aufklärung ermöglicht ihm, verantwortliche Entscheidungen zu treffen. Grundsätzlich wird zwischen der Therapie- bzw. Sicherungsaufklärung einerseits und der Selbstbestimmungsaufklärung andererseits unterschieden. Hinsichtlich letzterer kommt der Diagnose- und Verlaufsaufklärung, der Aufklärung über alternative Behandlungsmöglichkeiten sowie der Risikoaufklärung besondere Bedeutung zu. Grundsätzlich ist der Arzt verpflichtet, dem Patienten die Diagnose mitzuteilen. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn die Mitteilung kontraindiziert ist, also der Gesundheit des Patienten abträglich ist bzw. der Patient die Aufklärung ablehnt. Steht die Diagnose fest, hat der Arzt den Patienten über zukünftiges Verhalten aufzuklären, das ihn vor Schaden bewahren kann. So ist der Asthma-Patient darüber aufzuklären, dass er nicht rauchen sollte, der Allergiker darüber, was er meiden sollte. Der Arzt hat dann die notwendige Therapie zu wählen. Hierin ist er grundsätzlich fei. Dies bedeutet, er kann unter verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten, die bezüglich der Heilungschancen, der Belastung des Patienten und der Risiken gleichwertig sind, frei wählen. Differieren die Methoden jedoch gerade im Hinblick auf die Risiken, hat der Patient einen Anspruch darauf, davon unterrichtet zu werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn etwa eine echte Wahlmöglichkeit zwischen operativem und konservativem, also nicht operativem Vorgehen besteht. Entscheidet sich der Patient gleichwohl zur Operation, muss der Arzt den Patienten über zeitliche Dringlichkeit und die medizinische Notwendigkeit der Operation und im Großen und Ganzen über Art, Durchführung und den Umfang des Eingriffs informieren. Er muss ihm auch die sicheren Folgen beschreiben. Auch die Erfolgschancen und die Erfolgssicherheit sind Bestandteil der Verlaufsaufklärung. Ganz wesentliche Bedeutung kommt der Risikoaufklärung zu. Der Patient muss zwar nur im Großen und Ganzen aufgeklärt werden, aber unbedingt ermessen können, was der Eingriff für ihn bedeutet. Er kann nur dann sein Selbstbestimmungsrecht wahren, wenn er das „Für und Wider“ kennt. Er ist über alle Risiken zu informieren, die im Zeitpunkt des Eingriffs dem medizinischen Kenntnistand entsprechen, schlichtweg alle Risiken, deren Kenntnis bei ihm nicht erwartet werden können. Grundsätzlich ist auch über seltene eingriffstypische Gefahren, die für den Laien nicht auf der Hand liegen, zu informieren, z.B. Nervenschädigungen in Folge spezieller Lagerung während der Operation, die im schlimmsten Fall zu einer lebenslangen Lähmung der Beine führen kann.

Die Aufklärung ist prinzipiell ärztliche Aufgabe, die nicht delegierbar ist. Der BGH verlangt für die Aufklärung über die Operationsrisiken jedoch nicht unbedingt die Identität zwischen Operateur und aufklärendem Arzt. Der aufklärende Arzt haftet aber im Falle der Aufklärungsverletzung neben dem operierenden Arzt. Jeder beteiligte Arzt ist für seine spezielle Behandlungsaufgabe selbst aufklärungspflichtig. Der Anästhesist also neben dem Chirurgen, der sich darauf verlassen darf, dass der Anästhesist in seinem Fachgebiet die Aufgaben ebenso mit der gebotenen Sorgfalt ausführt wie er selbst.

Das Aufklärungsgespräch muss verständlich erfolgen. Der Arzt hat hierbei unverständliche Fachtermini zu vermeiden und den Bildungstand sowie die geistige Aufnahmefähigkeit zu berücksichtigen. Adressat der Aufklärung ist im Regelfall der Patient selbst. Ist er minderjährig, so hat der Arzt zu prüfen, ob der Patient bereits einwilligungsfähig ist. Der Patient muss den Sachverhalt verstehen können, die Informationen in angemessener Weise verarbeiten und in der Lage sein, diese Information auch zu bewerten. Auf dieser Grundlage muss seinen Willen bestimmen können. Entscheidend ist also, ob der Minderjährige nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des geplanten Eingriffs und seine Gestattung zu ermessen vermag. Eine bestimmte Altersgrenze ist daher nicht vorgegeben. Generell sollte der Arzt bei Minderjährigen unter 14 Jahren wohl immer die Einwilligung der Personensorgeberechtigten, im Regelfall der Eltern, einholen. In der Altersstufe vom 14. bis zum 18. Lebensjahr kommt es auf die Persönlichkeit des Jugendlichen an. Bei schwerwiegenden Eingriffen ist es hier ratsam, die Eltern zumindest zusätzlich zu konsultieren. Dies gilt umso mehr, je weniger dringlich der Eingriff ist, etwa bei einer kosmetischen Operation. Liegt ein Fall der gesetzlichen Betreuung vor, ist unbedingt der Betreuer zu konsultieren. Bei einem Patienten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, muss sich der Arzt vergewissern, ob die erteilte Aufklärung verstanden wurde. Der Arzt muss im Zweifel einen Dolmetscher hinzuziehen, eine sprachkundige Vertrauensperson, respektive einen Mitarbeiter des Krankenhauses, der die Übersetzung vornimmt.

Die Aufklärung hat grundsätzlich durch ein mündliches, vertrauensvolles Gespräch zwischen dem Patienten und dem Arzt zu erfolgen. Es kommt immer wieder vor, dass dem Patienten lediglich Formular und Merkblätter ausgehändigt werden, die er dann unterzeichnen soll. Es ist eindringlich davor zu warnen, auf das ausführliche Gespräch zu verzichten. Die Existenz solcher unterschriebener Einwilligungserklärungen des Patienten ist indes nur ein Indiz dafür, dass zuvor überhaupt ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat. Denn die Unterzeichnung dieser Formulare heißt für sich genommen nicht, dass der Patient sie auch gelesen und verstanden hat, geschweige denn, der Inhalt mit ihm erörtert wurde. Ist das Aufklärungsformular allerdings mit handschriftlichen Ergänzungen oder Zeichnungen des Arztes verbunden, spricht dies dafür, dass die Aufklärung nach Maßgabe dieser schriftlichen Bestätigung stattfand.

Die Aufklärung des Patienten muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient, ohne in Zugzwang zu geraten, eine Abwägung der Risiken vornehmen und innerlich frei entscheiden kann. Soweit die Aufklärung im Krankenhaus erst am Tag der Operation erfolgt, ist dies auf jeden Fall verspätet. Wurde der Patient aber bereits mehrere Tage vor dem Eingriff aufgeklärt und am Vorabend der Operation auf ein weiteres Behandlungsrisiko hingewiesen, kann noch von Rechtzeitigkeit ausgegangen werden. Es darf jedoch nicht der Eindruck entstehen, der Patient könne sich nicht mehr aus dem in Gang gesetzten Geschehen lösen. Die Dauer der Bedenkzeit richtet sich nach der Höhe des Risikos und der Tragweite des Eingriffs für den jeweiligen Patienten.

Bei der Aufnahme in ein Krankenhaus, um einen ärztlichen Eingriff vornehmen zu lassen, gilt es immer, sich bereits im Vorfeld selbst über die eigenen Rechte zu informieren, um sich vor späterem Schaden zu bewahren.

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